Fabio Haebel: „Ich möchte nicht meine Restaurants vervielfältigen, sondern immer neue Konzepte umsetzen.“

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12. Januar 2021

Seit rund zehn Jahren bereichert Fabio Haebel die Hamburger Gastro-Szene, und mit seinen Kochbüchern und seinem Podcast auch Foodies über Hamburgs Grenzen hinaus. Der 34-Jährige ist Inhaber des Restaurants „haebel“, der „XO Seafoodbar“ und der Weinbar „haebel la cave“, alle gelegen in der Paul-Roosen-Straße mitten auf St. Pauli. Während des Corona-Lockdowns initiierte er die Aktion „Kehrwiederpaket“, zusammen mit Tim Mälzer, um lokale Produzenten aus der Gastronomie zu unterstützen. Wir besuchen Fabio in seiner Loft-Wohnung in Hamburg-Bahrenfeld und sprechen darüber, was er aus dem vergangenen Jahr gelernt hat, was die Gastronomie zum Überleben braucht, und was er für die Zukunft plant.


Partner dieser Homestory ist „Heineken 0.0“. Januar ist bekanntlich der Detox-Monat voller guter Vorsätze fürs neue Jahr. Heineken macht aus dem „Dry January“ den „Try January“ und lädt dazu ein, mal etwas Neues auszuprobieren. Fabio, der grundsätzlich nur alkoholfreies Bier trinkt, hat während unseres Interviews eine Pasta mit Kürbis und einem Pesto aus frischen Marktkräutern gekocht – passend zum Geschmack des „Heineken 0.0“. Das Rezept findet ihr am Ende der Story!


Fabio Haebel wohnt in einer Loftwohnung in Hamburgs Westen.

homtastics: Seitdem wir dich im Jahr 2018 zum Interview in deinem Restaurant getroffen haben, ist bei dir viel passiert – beruflich wie privat. Unter anderem bist du Vater geworden und hast deine Weinbar „haebel la cave“ sowie dein Fischrestaurant „XO Seafoodbar“ eröffnet. Was waren deine Highlights der letzten 2,5 Jahre?

Fabio Haebel: Natürlich war die Geburt meiner Tochter Ava Charlie das größte Highlight. Man sagt ja immer wie schnell so ein Jahr verfliegt – aber 2020 war absurd. Die Eröffnung der „XO Seafoodbar“ war sicherlich beruflich das Aufregendste, weil durch Corona der Tag der Eröffnung auch der Tag der Schließung war. Wir hätten eigentlich am 15. März 2020 eröffnet – und das war der Beginn des Lockdowns. Es hatte aber auch gute Seiten, dass wir später eröffnen konnten als geplant, weil man erfahrungsgemäß Restaurants immer zu früh öffnet. So hatten wir noch ein paar Wochen, die wir zur Vorbereitung nutzen konnten. Aber damals wusste ja noch niemand, was uns allen bevorstand. Kurz zuvor hatten wir noch mit dem Team auf neun Jahre „haebel“ angestoßen und plötzlich der Lockdown. Jetzt im zweiten Lockdown sind wir alle nicht mehr überrascht und haben uns schon an die Situation gewöhnt.

Ich erinnere mich, dass es lange dein Traum war, ein Fischrestaurant zu eröffnen.

Ja, ich liebe Fisch und hatte länger nach einer Fläche gesucht. Wir haben uns ganz bewusst für die Ladenfläche gegenüber des „haebel“ entschieden: Wenn ein zweites Restaurant, dann in meinem Viertel! Wenn in der Gegend eine weitere Fläche frei würde, würde ich bestimmt auch wieder schwach werden.

Prost! Das Interview mit Fabio führt femtastics-Co-Gründerin Anna, angestoßen wird mit dem alkoholfreien „Heineken 0.0„.

Ich möchte nicht meine Restaurants vervielfältigen, sondern immer andere, neue Konzepte umsetzen.

Was wäre dein nächster Laden?

Ich würde gerne eine Bäckerei eröffnen. Richtig gutes Brot, aber auch ein bisschen Süßkram und guter Kaffee. Ich möchte nicht meine Restaurants vervielfältigen, sondern immer andere, neue Konzepte umsetzen. Ich vermisse auch unsere kleine Naturweinbar, „haebel la cave“, sehr. Sie ist jetzt seit fast einem Jahr wegen Corona geschlossen. Die Bar ist superklein, das heißt, wir können sie wirklich erst wieder eröffnen, wenn sich die Corona-Situation beruhigt hat. Zudem suche ich einen Sommelier oder eine Sommelière, weil Jonas, der frühere Sommelier der Bar, jetzt Sommelier der „XO Seafoodbar“ geworden ist. Die Personalsituation ist eh immer spannend.

Wieso?

Ich habe 24 Mitarbeiter*innen. Eine geht jetzt nach Kopenhagen, der andere will nach London, wieder ein anderer will sich selbstständig machen … Es ist Bewegung drin. Aber das kenne ich nicht anders und ich sage ganz positiv: Reisende halte ich nicht auf. Ich war noch nie schlecht gelaunt, weil mich jemand verlassen hat. Ehemalige Mitarbeiter*innen haben sich im selben Viertel selbstständig gemacht – und die einzigen, die das blöd fanden, waren Außenstehende. Ich finde es schön, wenn ehemalige Mitarbeiter*innen von mir den Mut haben, einen eigenen Laden aufzumachen. Und ich gönne es  jedem, andere Restaurants kennenzulernen. Zu mir kommen ja auch Leute, die vorher woanders gearbeitet haben.

Natürlich gibt es auch etwas zu essen, wenn man zu Gast bei Fabio Haebel ist. Heute: Kürbispasta mit Kräuterpesto – passt geschmacklich perfekt zu alkoholfreiem Bier.

Und manchmal entstehen daraus ja auch super Collabs und Austausch.

Ich bin auch großer Fan davon. Wir hatten schon so viele Collabs mit der „XO Seafoodbar“ und anderen europäischen Seafoodbars geplant, bei denen wir wochenweise Teams austauschen wollten. Auf so etwas hätte ich so Bock, ich hoffe, wir können das bald umsetzen. Ich weiß auch, dass die Gäste sich darauf freuen, wenn wir wieder öffnen – aber es fühlt sich nicht okay an, einfach wieder aufzumachen. Ich habe das Gefühl, wir müssen uns dankbar zeigen für die unglaubliche Unterstützung durch unsere Gäste in den letzten Wochen und Monaten. Wir haben rund 700 Kisten aus dem „haebel“ verkauft, dafür bin ich wahnsinnig dankbar und das möchte ich gerne kreativ zum Ausdruck bringen.

Du hast mit einigen kreativen Ideen auf die Lockdowns reagiert – unter anderem mit dem “Kehrwiederpaket” und mit Produktboxen aus deinem Restaurant. Wie sind diese Ideen entstanden?

In der Nacht vor dem Lockdown sagte mein Küchenchef aus dem „XO“: „Lass uns doch Prepperboxen machen!“ mit Knäckebrot, Sardinen, Champagner, Klopapier, … Das war anfangs als Gag gedacht, aber die Idee, eine Box zum Abholen zu machen, hatten wir sofort. Wir haben dann unseren „Le Kiosque“ gegründet, in dem wir Produktboxen zum Abholen angeboten haben. Damit haben wir nichts verdient, allerdings hatten wir ein bisschen Cashflow und wir konnten den Mitarbeiter*innen Gehälter zahlen. Deshalb war das in Ordnung. Geld verloren haben wir durch Corona eh alle – nicht nur ich, sondern die ganze Branche.

Zuerst brät Fabio Chili, dann Zwiebeln und Kürbis in der Pfanne an.
Lecker! Pasta geht einfach immer, oder?

Wie hast du den Zusammenhalt unter Hamburger Gastronom*innen erlebt?

Wir hatten ein gutes Movement und eine gute Community, um gemeinsam etwas Kreatives aufzubauen. Wir haben zum Beispiel „Kochen für Helden“ unterstützt und auch das „Kehrwiederpaket“ ist ein super Beispiel. Tim [Mälzer] war bei mir, um etwas zu Essen abzuholen und wir haben ein Bier getrunken. Dabei hat er gefragt, ob wir nicht etwas zusammen machen wollen. Die Idee war – frei nach dem Motto „Wenn ihr nicht zu uns kommen könnt, kommt Hamburg eben zu euch“ – eine Kulinarik-Box mit Produkten von Hamburger Produzent*innen. Wir haben das relativ schnell hochgezogen und hatten plötzlich 3o Produzent*innen, die mitgemacht haben. Jetzt haben wir insgesamt 3.100 Pakete verkauft und wir haben über 1.000 Interessent*innen auf der Warteliste, falls wir Nachschub produzieren. Ich bin selbst noch etwas überfordert mit der logistischen Situation. Wir wissen aktuell noch nicht, wo wir die Pakete packen, aber irgendwie werden wir das schon schaukeln (lacht).

Und das war eine reine Spendenaktion?

Den Verkaufserlös der „Kehrwiederpakete“ spenden wir an den „Gastro-Hilfs-Fond“, verwaltet vom „Clubkinder e.V.“ in Hamburg. Dafür musste ich eine neue Firma gründen, da ich sonst, durch den Umsatz mit den „Kehrwiederpaketen“, keinen Anspruch auf die Corona-Hilfen für meine eigene Firma gehabt hätte. Insgesamt war der Aufwand doch ziemlich hoch. Ein großes Thema ist zum Beispiel Recyling: Seit 2019 musst du, wenn du als Händler*in als erste/r eine neue Verpackung in Umlauf bringst – was wir tun, weil unsere Pakete extra gestaltet wurden – für die Recyclingkosten aufkommen. Das wusste ich auch nicht.

Der Trockenblumenstrauß (Foto rechts) ist von „Kleine Wildnis“.

So sehr ich meine Arbeit vermisse, so schön war es auch, nach 19 Jahren an Silvester mal nicht zu arbeiten.

Was hast du rückblickend aus dem vergangenen Jahr gelernt? Was nimmst du Positives mit?

Ich nehme eine ganze Menge Positives mit. Zum einen hatte ich natürlich viel mehr Zeit mit meiner Tochter und meiner Familie als ich normalerweise gehabt hätte. Auch mehr Zeit für Freund*innen – was ich vorher durch die Arbeit nicht hatte. Das werde ich sicherlich vermissen. Ich stehe jetzt ja nicht still, aber das operative Geschäft ist nicht da. Und so sehr ich meine Arbeit vermisse, so schön war es auch, nach 19 Jahren an Silvester mal nicht zu arbeiten. Ich habe auf jeden Fall Dankbarkeit mitgenommen und das Wissen, dass wir in den vergangenen Jahren ganz schön Gas geben konnten wie wir wollten und dass es eigentlich eine Blase war, in der wir gelebt haben. Ich hoffe, ich lerne aus dem Jahr, mir in Zukunft mehr Ruhezeiten und Freiräume einzuräumen.

Geht das, wenn deine Restaurants wieder öffnen?

Mit zwei Restaurants geht das tatsächlich besser als mit einem. Wenn du ein Restaurant hast, sind all eyes on you, aber mit zwei Restaurants hast du so viele Stabsstellen und die Läden müssen auch ohne dich laufen – ich kann ja nunmal nicht in beiden Läden gleichzeitig sein. Zudem habe ich Lutz, meine rechte Hand, und wir haben mehrere neue Stellen geschaffen.

Was denkst du, wird die Hamburger Gastro-Szene Corona überleben?

Die Gastro-Szene wird überleben. Es werden Vereinzelte auf der Strecke bleiben, aber vielleicht nicht zwingend mehr als eh auf der Strecke bleiben. Pro Jahr schließen in Hamburg durchschnittlich 735 Gastronomien. Wir haben rund 7.350, also rund 10% davon machen wieder zu. Andere machen aber auch wieder auf. Auch 2020 haben so viele neue Läden eröffnet.

 

Die Gesellschaft hat verstanden, dass wir uns nicht die Taschen vollmachen und mal eben so mehrere Monate überbrücken können.

Was ist notwendig, damit die Gastronomie überlebt?

Ich hatte vor etwa einem Jahr ein Treffen mit dem Hamburger Bürgermeister und habe ihm gesagt – ohne zu wissen, dass es Corona gibt: „Wir brauchen für die Gastronomie die verringerte Mehrwertsteuer. Die Gastronom*innen arbeiten ohne Ende, haben aber keine Rücklagen. Wenn irgendetwas passiert, dann bekommen wir Schwierigkeiten.“ Die Antwort damals war, dass es die verringerte Mehrwertsteuer nicht geben wird. Letztlich kam sie doch. Das heißt, es gibt Mittel und Wege, um die Situation der Gastronomen zu verbessern.

Was uns fehlt, ist die finanzielle Überbrückung. Die wurde uns in Aussicht gestellt, ist bislang aber noch nicht da. Wir brauchen außerdem ein besseres Standing in der Gesellschaft. Das kommt jetzt – die Gesellschaft hat verstanden, dass wir uns nicht die Taschen vollmachen und mal eben so mehrere Monate überbrücken können. Jetzt brauchen wir noch eine Akzeptanz auf wirtschaftlicher und politischer Ebene. Die Politik muss verstehen, dass wir keine Schwarzgeldmafiosis sind, sondern dass wir gewillt sind, so transparent zu arbeiten wie möglich. Es gibt eine Bon-Pflicht und wir zum Beispiel bieten nur Kartenzahlung an, weil wir Bargeld überholt finden. Ich hoffe, dass wir in der Gastronomie politischer werden und uns mehr in die Politik einbringen. Wir brauchen eine Vertretung in der Politik.

Ansonsten braucht die Gastronomie weiter Zusammenhalt – und die Gäste. Wir rechnen aktuell damit, dass im März die Gastronomie wieder geöffnet wird, aber dass wir noch das ganze Jahr mit Auflagen arbeiten müssen. Wir Gastronom*innen sind harte körperliche Arbeit gewohnt. Für uns ist dieses Abwarten, dieses Up and Down, viel anstrengender. Das zehrt extrem an den Kräften.

Wir Gastronom*innen sind harte körperliche Arbeit gewohnt. Für uns ist dieses Abwarten, dieses Up and Down, viel anstrengender.

Der Wandteppich und auch der Teppich vor dem Sofa sind von „Zomorrodi Rugs“.

Lass uns nach vorne schauen. Mit welcher Stimmung blickst du in das vor uns liegende Jahr?

Hoch motiviert! Ich habe viele Konzepte und Projekte auf dem Schreibtisch liegen und muss mich jetzt entscheiden, auf welches Pferd ich setze. Ich arbeite an einem Konzept für eine neue Fläche in der Innenstadt – das Restaurant werde ich aber nicht selbst betreiben. Ich habe Lust, ein neues Kochbuch zu machen, ich möchte meinen Podcast weiter anstoßen … diese Themen müssen gut zusammenkommen. Und zum ersten Mal habe ich für dieses Jahr geplant, wann ich Urlaub nehme. Ich wollte letztes Jahr eigentlich mit einem Kajak die Mosel runterfahren – das möchte ich dieses Jahr gerne nachholen.

Bei Heineken 0,0, unserem Kooperationspartner dieser Story, steht der Monat unter dem Motto „Try January“. Was willst du dieses Jahr Neues ausprobieren? Einerseits in der Küche, andererseits ganz allgemein gefragt?

Das „haebel“ hat erst im Herbst ein neues Konzept bekommen: „Flora & Fauna“ – man kann wählen zwischen einem vegetarischen oder einem Wild-Menü. Es gibt also kein konventionelles Fleisch mehr. Das „XO“ ist Fish, Seafood und vegan – und wir experimentieren gerade mit Algen und Seetang. Wir planen außerdem, eine neue Spirituose auf den Markt zu bringen. Und ich suche noch immer nach einer Fläche für die Markthalle, die ich gerne eröffnen würde. Das ist seit neun Jahren mein Wunsch. Aber generell möchte ich möglichst abwechslungsreiche, aber trendfrei gute Küche machen.

Wir sind gespannt wie es weitergeht. Vielen Dank für das Interview, Fabio!

Rezept Kürbispasta

Hokkaido-Kürbis

Zwiebeln

Chiliflocken

Gemüsefond

Kräuter-Pesto

Pasta, z.B. Trulli

Parmesan

Chiliflocken in einer großen Pfanne in Öl anbraten. Dann geschnittene Zwiebeln und Kürbis dazugeben. Scharf anbraten, anschließend etwas Gemüsefond dazuschütten. Während das Gemüse brät, die Pasta nach Packungsanleitung kochen. Zuletzt etwas frisches Kräuter-Pesto zum Gemüse geben und gekochte Pasta mit dem Gemüse vermengen. Pasta und Gemüse auf dem Teller anrichten und mit gehobeltem Parmesan garnieren. Guten Appetit!



Hier findet ihr Fabio Haebel:

Paul-Roosen-Straße 31, Hamburg


– Werbung: In Zusammenarbeit mit Heineken –

Ein Kommentar

  • Karl-Heinz Wittig sagt:

    Habe Fabio Haebel durch seine Kochvideos vor vielen Jahren zum ersten Mal gesehen, seine Art zu kochen hat mir gefallen, und ich bin dadurch zum Kochen gekommen, Autodidakt also, war noch nie in einem Restaurant von ihm in Hamburg, aber ich werde das noch machen, weil in Pension sollte man ja Zeit haben…

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