Ghostbastlers: „Wir haben nicht gegründet, um Geld zu verdienen.“

Wie kann ich einen coolen Katzenkratzbaum selber basteln? Oder einen Wireless Nachttisch selbst kreieren? Wie wäre es mit einem Kaffeefilterhalter aus schönem Holz? Die Ghostbastlers liefern einfache Anleitungen zum Basteln. Seit 2014 basteln die beiden Kreativen, Nico, Architekt, und Nils, Grafikdesigner, zusammen und bieten in ihrem Shop jede Menge Tutorials zum Nachbasteln an. Aus Liebe zum Handwerk fordern die beiden dazu auf, Dinge selber zu machen und Altes umzubauen – statt es im Schrank versauern zu lassen. In ihrer Werkstatt entwerfen und produzieren sie dabei schöne Dinge von außergewöhnlich bis extrem praktikabel. Sie werkeln an Gebrauchsgegenständen verschiedenster Größenordnung rum – vom neu designten Holzkleiderbügel bis zur Festival-Wohnwagenbar. Wir treffen Nico und Nils in ihrer Werkstatt in Altona sprechen über die Gründung ihres Start-ups, die Liebe zum Design und darüber, welche Rolle Upcycling für ihr Business spielt. Who you gonna call?

 

Wir haben Ghostbastlers aus Spaß gegründet, ohne zu überlegen, was daraus werden soll. Einfach just for fun.

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Hi, Jungs! Wir besuchen die Ghostbastlers in ihrer Werkstatt in Hamburg-Altona.

Homtastics: Was habt ihr vor den Ghostbastlers gemacht?

Nico: Grundsätzlich machen wir noch das, was wir studiert haben. Ghostbastlers machen wir nebenbei. Ich bin Architekt und Nils ist Grafikdesigner und Künstler. Wir arbeiten beide in unserem Job 30 Stunden die Woche und in unserer Werkstatt sind wir in unserer Freizeit.

Nils: Ich habe in verschiedenen Werbeagenturen gearbeitet und bin mittlerweile bei einem Verlag. Das hier ist mein Ausgleich zur Arbeit am Computer.

Wie ist eure Freundschaft entstanden?

Nico: Über die Graffitikunst.

Nils: Nico war einer der berühmt berüchtigtsten Graffitikünstler Norddeutschlands (lacht).

Nico: Das schlägt natürlich Kreise, denn man bewegt sich in einer gewissen Szene auch außerhalb der eigenen Stadt. Ich komme aus Kiel und Nils kommt aus Lübeck. So kam es tatsächlich, dass er mich irgendwann in Kiel besucht hat, da war ich noch 17 Jahre alt. Das ist schon ein paar Jahre her und seitdem sind wir in Kontakt. Ich bin irgendwann nach Lübeck gezogen und wir haben in der gleichen Bar gearbeitet. Wir waren häufig donnerstags tanzen, aber das gemeinsame Basteln hat sich erst entwickelt, seitdem ich in Hamburg bin.

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Wir haben nicht gegründet, weil wir Geld verdienen wollten.

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Ihr habt Ghostbastlers 2014 gegründet. Was waren eure Beweggründe?

Nils: Wir haben Ghostbastlers aus Spaß gegründet, ohne zu überlegen, was daraus werden soll. Einfach just for fun. Wir haben deswegen nicht unsere Stunden reduziert.

Nico: Wir haben nicht gegründet, weil wir Geld verdienen wollten. Sondern weil wir Spaß an der Sache haben, gerne Anleitungen schreiben und die mit den Leuten teilen. Klar nimmt es mittlerweile mehr Zeit und Raum in Anspruch. Solange alles Spaß macht, ist für uns alles super. Unsere verkürzte Arbeitswoche hätten wir auch ohne die Ghostbastlers gemacht.

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Das Interview führt homtastics-Autorin Friderike Weinert.

Wie sahen eure ersten Berührungen mit dem Handwerk aus?

Nico: Wir haben von klein auf immer Sachen gebaut. Auf alten Fotos von meinem Vater und mir sieht man, wie ich Bumerangs aussäge und herstelle.

Nils: Den Wagen, der hier steht, hat mein Vater gebaut als ich zwei Jahre alt war und irgendwie kenne ich das nicht anders. Es war damals nicht Thema, eine handwerkliche Ausbildung zu machen, aber das kam irgendwie nach und nach. Learning-by-doing. Wir haben beide ein Interesse an schönem Design und mögen es, Dinge selber zu machen. Viele Ideen findet man nicht auf dem Markt oder man muss viel Geld ausgeben. Selber Möbelstücke umsetzen macht viel mehr Laune. Wir wandeln auch gern alte Dinge, die vorher Schrott waren, in geile neue Ideen um.

Basteln ist für uns ein Ausgleich zu unseren Jobs.

Nico: Es gab immer eine Garage oder einen Keller, wo wir uns ausprobieren konnten. Seit ich 2014 nach Hamburg gezogen bin, machen wir Ghostbastlers zusammen. Ich bin auch durch die Waldorf-Schulzeit geprägt. Ich bin in der 5. Klasse in die Waldorfschule gekommen und durfte die ersten Schalen aus Holz schnitzen. Da merkte ich, dass es mir liegt und es mir Laune macht. Ich hatte im Gegensatz zum Deutschunterricht ein Ergebnis in der Hand und konnte stolz darauf sein. Das ist bei mir hängen geblieben. Später ging es weiter, dass ich an vielen Vespa-Rollern geschraubt habe. Basteln ist für uns ein Ausgleich zu unseren Jobs.

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Wollt ihr irgendwann hauptberuflich für Ghostbastlers arbeiten oder macht es die Mischung aus beidem?

Nils: Vorstellen können wir uns das schon, aber es ist nicht primär unser Ziel.

Nico: Für mich soll der Spaß im Vordergrund stehen. Wenn ich die Verpflichtung habe, davon meine Miete zu bezahlen, dann weiß ich nicht, ob ich das möchte. Ich müsste auf einmal Aufträge annehmen, auf die ich vielleicht gar keine Lust hätte.

Wir haben den Luxus, dass wir nicht alle Aufträge annehmen müssen. Wir können Sachen machen, die uns Spaß machen – und andere Sachen machen wir nicht. Ich hätte Angst davor, dieses Freiheitsgefühl zu verlieren.

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Wie sieht euer Geschäftsmodell aus?

Nico: Hauptsächlich verkaufen wir Content. Wir verkaufen die Anleitungen an Externe wie Zeitschriften. Oft werden exklusive Anleitungen angefragt, da ein bestimmtes Produkt umgesetzt werden soll. Das Produkt bauen wir für die Kunden oder sie fragen bestehenden Content an.

Nils: So ein wirkliches Geschäftsmodell haben wir gar nicht. Wir bauen gern oder sind verrückt. Wir gucken dann, wie wir unsere verrückten Ideen umsetzen können.

Nico: Wir haben nie einen Businessplan geschrieben. Ghostbastlers ist natürlich gewachsen und es gibt keine klaren Strukturen. Das meiste Geld generiert der Content, den wir verkaufen.

Es wird also keine fertigen Produkte bei euch zu kaufen geben?

Nils: So ist jetzt der Ansatz. Wir finden die Herangehensweise interessant. Zum einen gibt es kaum gute Bausätze und zum anderen wollen wir anregen. Wir möchten, dass die Leute wieder mehr selber machen. Wir leisten Anleitung und die Kunden müssen nicht bei zehn verschiedenen Herstellern die Bestandteile kaufen. Man bekommt alles in einem Paket zusammen und investiert vielleicht einen halben Tag in die Umsetzung. Am Ende hat man etwas Selbstgemachtes.

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Mir ist es tausendmal lieber, wenn jemand an der Säge steht und dumme Sprüche kloppt, als irgendein Designer, der denkt, er sei der Geilste.

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Durch Dawanda, Etsy & Co ist ein Wandel im Design und Handwerk bemerkbar. Wie seht ihr den aktuellen Stellenwert des Handwerks?

Nico: Ich kann das nur von meinem Beruf sagen, da ich Architekt und Bauleiter bin. Ich habe viel mit Handwerkern zu tun. Die suchen alle händeringend Mitarbeiter. Das Handwerk an sich ist nicht mehr so angesehen wie es einmal war.

Nils: Das kommt aber auch wieder, vor allem, weil Design und Handwerk verschmelzen. Die Designer haben sich früher immer als die Superhelden gesehen und bei den Handwerkern war es das Gegenteil. Viele Handwerksbetriebe setzen mehr auf Design und produzieren kleinere Auflagen. Das wächst mehr und mehr zusammen. Ich finde, Handwerker sind die besten Menschen (lacht).

Nico: Es macht mir Spaß, mich mit Handwerkern zu unterhalten. Die haben immer einen lockeren Spruch drauf. Bei Dawanda und Etsy sieht man schon eine Entwicklung. Egal ob Texter, Redakteur oder Handwerker, die Menschen wollen Dinge wieder selber erzeugen und etwas für sich machen.

Nils: Mir ist es tausendmal lieber, wenn jemand an der Säge steht und dumme Sprüche kloppt, als irgendein Designer, der denkt, er sei der Geilste.

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Kultur und Handwerk ist eine Symbiose, die man teilweise auch in der Hamburger Clubszene oder auf Festivals zu sehen bekommt.

Nils: Genau! Oft startet es mit einer coolen Idee und Leuten, die engagiert sind. Teilweise scheitert es natürlich an Bewohnern oder baulichen Maßnahmen, die finanziell nicht umsetzbar sind. Freiräume werden in Hamburg gut genutzt, aber es wird schwieriger, vor allem in Berlin. Leider ist es so, dass die Politik solche Festivals und Projekte nicht immer 100 Prozent unterstützt.

Seid ihr in der Hamburger Kulturszene unterwegs?

Nils: Ein bisschen, aber nicht aktiv. Wir sind gerne mit dem Easy Kisi Wohnwagen hier und da unterwegs. Wir kämpfen aber nicht aktiv für Freiräume.

Nico: Aber wir freuen uns, wenn etwas passiert. Zum Beispiel mit der Alten Muh in Kiel. Das ist ein Projekt in der alten Kunsthochschule. Die haben jetzt die Genehmigung bekommen, dass Künstler das Gebäude umgestalten dürfen und die Räume kriegen. Das ist natürlich ein klasse Projekt. Es ist zentral, mitten in Kiel gelegen.

Nils: Künstler und Kreative sind dort beteiligt. Es ist eine Brauerei entstanden. Ganz viele kleine Businessideen werden die Möglichkeit bekommen, zu wachsen. Durch günstige Mieten und ein passendes Umfeld wären die sonst vielleicht gar nicht in die Umsetzung gekommen.

Nico: Wir haben hier für Hamburg auch vergleichbar günstige Mieten. Das kommt uns auch entgegen. Sonst hätten wir gar nicht die Möglichkeit mitten in Altona eine Werkstatt zu haben.

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Wir machen Upcycling nicht weil es ein Trend ist.

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Upcycling ist aktuell auf den sozialen Kanälen ein großer Trend. Liegt euch das Thema am Herzen?

Nils: Wir machen Upcycling nicht, weil es ein Trend ist. Upcycling ist eine Schublade, die jetzt irgendwann aufgemacht wurde.

Nico: Ich hasse das Wort (lacht).

Nils: Wir haben unser Sammelsurium und wir finden es schade, Sachen wegzuschmeißen. Wir legen die lieber erst ins Regal und meistens ist es so, dass man die auch wiederverwenden kann. Es fällt einem immer ein Verwendungszweck dafür ein oder man kann es irgendwo einbauen. Wir machen natürlich auch einmal im Jahr eine Aufräumaktion.

Nico: Oder man baut nur Quatsch wie Fantasieinstrumente. Das würde ich aber auch nicht als Upcycling definieren.

Nils: Alte Stücke, die sonst auf dem Müll landen, haben meist einen Charme und eine Geschichte, die sie mitbringen.

Nico: Natürlich ist es pro Umwelt und natürlich sollte man darauf achten, dass man nicht zu viel Plastik kauft und wegschmeißt. Lieber Dinge reparieren – da sind wir auf jeden Fall pro. Ich tue mich nur schwer damit, dass Ghostbastlers immer gleich Upcycling ist.

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Wo geht eure Reise dieses Jahr noch hin?

Nils: Wir haben ein paar Projekte, die wir jetzt umsetzen – zum Beispiel ein Hängemattengestell für den Sommer. So gesehen haben wir dieses Jahr kein großes Projekt wie den Easy Kisi. Wir haben uns locker in das Jahr begeben. Ein paar Sachen haben sich ergeben, aber das sind hauptsächlich kleinere Anleitungen, die wir sukzessiv umsetzen.

Nico: Der Shop soll weiter ausgebaut werden und es kommen mehr Produkte online. Wenn man das hauptberuflich machen würde, dann würde man sich viel klarer strukturieren. Dadurch, dass bei uns der Spaß im Vordergrund steht, ist die Struktur nicht so ausgeprägt.

Nils: Wir gehen das nicht groß strategisch an und wissen auch, dass, wenn wir mehr Zeit reinstecken würden, das Projekt größer werden könnte. Wir setzen uns kleine Ziele, ziehen am Ende des Jahres ein Resümee und schauen, was wir erreicht haben und noch erreichen wollen. Wir machen alles nur zu zweit von Telefondienst, Umsetzung, Texten, Angebot, Fotos, Buchhaltung (lacht).

Nico: Nur die Steuer nicht. (Lacht)

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Wie hat sich das Projekt mit dem Easy Kisi eigentlich ergeben?

Nils: Es gab zum Artville eine Ausschreibung. Vor etlichen Jahren haben die Organisatoren ein Kunstprojekt von uns angefragt. Wir haben mit denen dann zusammen das erste Modell vom Easy Kisi entwickelt. Wir haben den Wohnwagen umgebaut, der auch auf dem Gelände stand, aber der irgendwann nicht mehr transportfähig war. Mir hat das total Spaß gemacht und ich wollte den Wohnwagen auch mobil haben. Ich habe ein Konzept geschrieben und es bei einem Wohnwagenhersteller vorgestellt. Die waren begeistert und wir durften uns einen neuen Wohnwagen abholen, den wir vor zwei Jahren umgebaut haben. Jetzt haben wir einen mobilen Easy Kisi Wohnwagen, der gebucht werden kann.

Nico: Sozusagen ein Projekt im Projekt. Der Easy Kisi ist eine Sache für sich, weil der natürlich nichts mit den Anleitungen zu tun hat, die wir mit Ghostbastlers machen. Jetzt kümmern wir uns natürlich, dass das Ding funktioniert.

Nils: Alle, die den Easy Kisi buchen wollen, sollen sich gern melden (lacht). Wir haben durch unsere Freunde einen großen Pool an DJs, die wir kennen. Das ist für uns es eine reine Spaßgeschichte.

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Wofür könnt ihr euch neben dem Handwerk noch begeistern?

Nico: Ich mag Fotografie und fotografiere gerne. Ich bin auch bei uns für die Fotos zuständig. Ich mag schöne Möbel und interessiere mich für Design. Auch für alte italienische Roller kann ich mich begeistern. Das hat auch wieder was mit Basteln zu tun. Das greift alles ineinander.

Nils: Ich mache alles Mögliche: T-Shirts drucken, Buttons machen, Fahrräder reparieren und zeichnen. Ich beschäftige mich mit Design. Mir war die letzten zehn Jahre irgendwie nie langweilig. Ich habe immer viele Projekte parallel.

Nico: Die Projekte ruhen bei dir auch gerne zwei bis drei Monate und dann beginnst du wieder mit voller Motivation. Ich bin eher der ungeduldige Typ und muss eine Sache durchziehen. Das bewundere ich voll an dir.

Danke euch für den netten Nachmittag bei euch!

 

Hier findet ihr Ghostbastlers:

Fotos: Isabella Hager

Interview: Friderike Weinert

Layout: Carolina Moscato

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